31. August 2023 08:00

Verstaatlichungsbestrebungen Sollen wir die Wirtschaft „demokratisieren“?

Freie Marktwirtschaft versus verpolitisierte Gesellschaft

von Olivier Kessler

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Bildquelle: Ground Picture / Shutterstock Verbreitetes Klischee: Ausgebeutete Mitarbeiter ohne Chance auf Partizipation

Die Wirtschaft befinde sich heute in der Hand von einigen wenigen Kapitaleignern. Weil die Arbeiter bei der Produktion von Gütern aber die Hauptlast tragen, wird gefordert, dass diese auch über die Gewinnverwendung mitbestimmen dürfen. Dieses Klischee geht auf Karl Marx und seine Arbeitswerttheorie zurück. In dieser vertrat er die Auffassung, der ganze Wert eines Produkts stamme von der zur Herstellung aufgewendeten Arbeitszeit. Der Gewinn, der aus dem Verkauf eines Gutes resultiere, gehöre daher der Arbeiterschaft, die diese Arbeit geleistet habe – und nicht etwa dem Arbeitgeber, der sich ungerechtfertigterweise an den Gewinnen bediene und dadurch die Arbeiter „ausbeute“.

Doch diese Arbeitswerttheorie wurde längst widerlegt. Der Wert eines Gutes kann nicht auf die aufgewendete Arbeitszeit zurückgeführt werden. Kunden sind nicht plötzlich bereit, das Zehnfache für einen Aushub zu bezahlen, weil dieser von einem Arbeiter mit einer Schaufel während 100 Stunden von Hand ausgehoben wurde, obwohl man dies auch in zehn Stunden mit einem Bagger geschafft hätte. Maßgebend für den Wert eines Gutes sind Angebot und Nachfrage. Entscheidend sind da unter anderem der subjektive Wert, der ein Individuum einem Gut zumisst, und die Rarität des Gutes. Wer beispielsweise während drei Tagen durstig durch die Wüste irrt und endlich auf einen Verkäufer von Wassertrinkflaschen trifft, ist bereit, für ein Fläschchen Wasser einen hohen Preis zu bezahlen. Die Zahlungsbereitschaft eines nicht durstigen Mannes in einer gut versorgten Stadt hingegen dürfte wesentlich geringer sein. So etwas wie einen objektiven Wert – wie Marx behauptete – gibt es nicht.

Nichtsdestotrotz berufen sich nach wie vor viele Antikapitalisten auf Marx und sehen in der Tatsache, dass Kapitaleigner einen Profit einfahren, eine große Ungerechtigkeit. Die Gewinne der Kapitaleigner sind allerdings alles andere als ungerechtfertigt – einerseits aufgrund des unternehmerischen Risikos, andererseits weil sie zum Erfolg maßgeblich beitragen. Ohne das Kapital wie etwa Werkzeuge und Maschinen, welche die Kapitalgeber zur Verfügung stellen, könnten die Arbeiter die Produkte gar nicht so effizient produzieren, wie sie das tun. Sie müssten ohne dieses Kapital wesentlich mehr Zeit für die Herstellung aufwenden.

Es stimmt auch nicht, dass die Arbeitnehmer leer ausgehen und vom Arbeitgeber „ausgebeutet“ werden. Die Arbeitnehmer profitieren von den erwarteten Gewinnen des Unternehmens indirekt über ihre Löhne – und das sogar schon im Voraus und auf regelmäßiger Basis, bevor die Profite überhaupt erst erwirtschaftet werden. Einen besseren und risikoloseren Deal kann man sich kaum vorstellen. Denn das Risiko des Scheiterns trägt allein der Kapitaleigner, der sein Vermögen aufs Spiel setzt. Ohne investierende „Kapitalisten“, die sich von diesen Investitionen einen Gewinn erhoffen, hätten die Arbeiter ihre Arbeitsstelle gar nicht. Ohne das Kapital würden weniger ausgeklügelte Produktionsformen mit geringeren Produktivitätsgewinnen vorherrschen, weshalb ohne die Hilfe der Kapitaleigner auch die Löhne der Arbeiter wesentlich geringer ausfallen würden.

Wer all diese Vorteile der gegenseitigen Kooperation negiert und stattdessen die Wirtschaft „demokratisieren“ will, verfolgt rein ideologische Ziele. „Demokratisieren“ ist letztlich nur ein Euphemismus für „politisieren“ und „verstaatlichen“. Solche „Demokratisierungen“ fördern die Ineffizienz und die Verschwendung, weil sie den Wettbewerb und die Preisstruktur verzerren, die Wahlfreiheit einschränken und die knappen Mittel somit nicht an jene Orte fließen können, wo sie aus Sicht der Konsumenten am dringendsten gebraucht werden.

Worum es bei der „Demokratisierung der Wirtschaft“ wirklich geht, beschreibt beispielsweise die Sozialdemokratische Partei der Schweiz mit deutlichen Worten in ihrem Parteiprogramm: „Die SP Schweiz war und ist eine Partei, die den Kapitalismus nicht als Ende und schon gar nicht als Vollendung der Geschichte akzeptieren will. Sie hat immer eine Wirtschaftsordnung ins Auge gefasst, die über den Kapitalismus hinausgeht und diesen durch die Demokratisierung der Wirtschaft letztlich überwindet.“ „Demokratisierung der Wirtschaft“ meint daher nichts Geringeres als die Einführung einer Form von Sozialismus – jenes Systems also, das der Menschheit zuverlässig Massenarmut, Massennot und Massenflucht beschert hat.

Es geht deshalb mitnichten um eine Verbesserung des Systems durch mehr Mitsprache, sondern darum, mit politischen Mitteln einen politischen Raubzug auf fremdes Eigentum zu initiieren – mit der Folge einer kollektiven Verarmung der ganzen Gesellschaft. Denn wie der Index der Eigentumsrechte Jahr für Jahr verdeutlicht, profitieren insbesondere ärmere Schichten von geschützten Eigentumsrechten. Die Behauptung im SP-Parteiprogramm, die „große Mehrheit hat in der Wirtschaftsdemokratie nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen“, mutet daher zynisch an.

Liest man im Parteiprogramm der SP weiter, stößt man auf einige konkrete Vorschläge zur „Demokratisierung der Wirtschaft“: Gefordert werden etwa die Installierung und Ausweitung von staatlichen „Sozialversicherungen an Stelle privater Versicherungen“ und eine „Stärkung des Service public statt zerstörerischer Konkurrenz“. Es geht also um eine Verstaatlichung sämtlicher Lebensbereiche und die Ersetzung der Selbstbestimmung der Konsumenten durch eine Fremdbestimmung durch die Politik. Entgegen der Behauptung der SP hätte die große Mehrheit alles zu verlieren, während eine kleine, mächtige politische Gruppe händereibend ihr Machtspektrum ausdehnen könnte.

Inwiefern eine Firma ihre Mitbestimmungsrechte ausgestaltet – ob sie sich beispielsweise als Genossenschaft oder Aktiengesellschaft organisiert –, muss den rechtmäßigen Eigentümern überlassen sein. Es steht jedem frei, ein Unternehmen zu gründen und solche Strukturen zu etablieren. Auch sind die Arbeiter in ihrer Entscheidung frei, für welches Unternehmen sie arbeiten möchten. Niemand wird von niemandem gezwungen, in einer Firma ohne Mitspracherechte zu arbeiten, wenn man dies als störend empfindet. Es besteht also keine Handlungsnotwendigkeit vonseiten der Politik.

Eine freie Marktwirtschaft ist im Übrigen die bessere Demokratie als eine verpolitisierte Gesellschaft. Im freien Markt zählen die Stimmen unmittelbar, die die Bürger tagtäglich in Form von ausgegebenen Franken abgeben: Jeder bekommt das, was er sich wünscht und erarbeitet. In einer „demokratisierten“ Wirtschaft jedoch darf niemand mehr selbst bestimmen. Die Bürger sind vielmehr von der Willkür der Staatsgewalt abhängig.

Während in einem freien Markt jeder Bürger selbst entscheiden kann, welche Angebote er beziehen möchte, befiehlt in einer demokratisierten Wirtschaft, in der der „Service public“ dominiert, die Politik, welche Produkte durch die Bürger zwangsfinanziert werden müssen. Während in einer freien Gesellschaft jeder selbst darüber befinden kann, wie er für sein Alter vorsorgen will, wird er in einer „demokratisierten Wirtschaft“ in eine staatliche Volkspension gezwängt, die den Charakter eines Schneeballsystems hat. Warum also sollte man die Selbstbestimmung der Bürger aufgeben wollen, wenn man doch deren Wohl im Sinne hat? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.


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