22. September 2023 20:00

Wahlkampf in Bayern Viel Schein, wenig Sein

Man darf auf die Reaktion der Wähler gespannt sein

von Thomas Jahn

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Bildquelle: WhiteHaven / Shutterstock Markus Söder will gefallen: Doch seine inhaltsleere Politik kommt bei immer weniger Bayern gut an

Im bayerischen Landtagswahlkampf war bislang wenig geboten. Markus Söder absolvierte ein gewaltiges Besuchsprogramm. Dabei kam der bayerische Ministerpräsident täglich auf bis zu drei Bierzeltauftritte. Keinen Fahrradweg, den er nicht persönlich einweihte, keinen Spatenstich, den er verpasste. Böse Zungen behaupten, dass man in diesem Wahlkampf auch bei jeder größeren Familienfeier jederzeit mit Söders Auftritt rechnen müsse. So fleißig, so inhaltsarm gestaltete sich die auf Sympathie und gute Laune getrimmte CSU-Kampagne, bis die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) im August die Bombe platzen ließ. Diese Bombe galt allerdings nicht ihrem jahrzehntelangen Intimfeind, der CSU. Nein, die bislang wohlgelittenen Freien Wähler mit ihrem einzig landesweit bekannten Politiker Hubert Aiwanger zogen sich den Zorn des rot-grünen Tendenzblattes zu. Aus Sicht der „SZ“ war Aiwanger ja schon 2018 falsch abgebogen, als er mit seiner Partei in eine meist geräuschlos arbeitende Koalition mit der CSU eintrat. Eine Koalition mit der Partei, die er fünf Jahre zuvor noch im Bündnis mit SPD und Grünen von der Macht verdrängen wollte. Das 36 Jahre alte Flugblatt, das Aiwangers früherer Lehrer – übrigens ein langjähriger SPD-Funktionär – aufbewahrt und der „SZ“ übergeben hatte, sollte Aiwanger auch für sein lautes Aufbegehren gegen die Klimapolitik der linken Ampel-Koalition aus Berlin abstrafen und die CSU in Zugzwang bringen, die Koalition mit den Freien Wählern aufzukündigen, um den Wunschtraum der meisten bayerischen Mainstream-Journalisten in Erfüllung gehen zu lassen: endlich auch Schwarz-Grün in Bayern! 

Allerdings: Wie wir heute wissen, ging der Schuss nach hinten los. Hubert Aiwanger hat die von der „SZ“ angestoßene linke Schmutzkampagne durchgestanden. Er und seine Partei sind nicht, wie viele andere Politiker aus dem nichtlinken Spektrum, eingeknickt, umgefallen oder zurückgetreten. Den Wählern hat dieses Stehvermögen und die Solidarität innerhalb von Aiwangers Partei, aus der bis heute keine einzige Rücktrittsforderung zu vernehmen war, Respekt abgenötigt. Die Freien Wähler haben in den Umfragen bis heute etwa fünf Prozentpunkte zugelegt, während SPD, Grüne und CSU Federn lassen mussten. Mut und Solidarität werden von den Wählern also klar belohnt! Ein Erfolgsrezept, an dem sich endlich auch die CSU eine Scheibe abschneiden könnte: mutig zusammenstehen und den schmutzigen Angriffen der rot-grünen Übermacht trotzen, auch wenn einem der Wind der linken Medien ins Gesicht bläst. Dazu offenbarten mir in den letzten Tagen viele CSU-Mitglieder eine Ahnung, die sich aus vielen Rücktrittsgeschichten der Vergangenheit speiste: Wäre Hubert Aiwanger ein CSU-Minister gewesen, hätte man ihn schon zwei Tage nach der „SZ“-Schlagzeile zum Rücktritt gezwungen, egal, ob er „schuldig“ oder „unschuldig“ gewesen wäre. Das ist übrigens einer der Hauptgründe dafür, warum Angriffe „ad hominem“ im linken Spektrum so beliebt sind: Sie sind fast immer erfolgreich – mangels Solidarität mit den Angegriffenen.

Natürlich dürfen die Freien Wähler selbst nicht überschätzt werden. Ihre Politik beschränkte sich bislang darauf, Anteil an der Regierungsmacht zu haben, bei den übermächtigen rot-grünen Medien möglichst wenig anzuecken und die Defizite der CSU auszunutzen. Trotz Söders „Marathon-Wahlkampf“ verharrte die CSU in den Umfragen zunächst monatelang knapp unter 40 Prozent, einer heute magischen Marke, die noch vor 15 Jahren jeden Parteichef hinweggefegt hätte. Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein und der Kurzzeit-Chef der CSU, Erwin Huber, nicken zustimmend im Hintergrund. Doch jetzt zeigen die Umfragen, dass Söder sogar das schlechte CSU-Ergebnis der letzten Landtagswahl 2018 noch deutlich unterbieten könnte. Der Plan, die vielen Wendungen, Irrungen und Versäumnisse der Vergangenheit mit möglichst viel Präsenz wegzulächeln und auf das Chaos der Berliner Ampel zu setzen, ging nicht auf. Dabei liegen die Themen, gerade in München und anderen Großstädten, sprichwörtlich auf der Straße.

Kriminelle, die die Medien verharmlosend als „Klimaaktivisten“ framen, terrorisierten wochenlang die Autofahrer in München, Augsburg oder Nürnberg. Die grün-militanten Chaoten attackierten Anfang September sogar das Münchner Maximilianeum, den Sitz des Bayerischen Landtags, mit Farbschmierereien. Was wäre wohl losgewesen, wenn eine rechtsextreme Gruppierung diesen Anschlag verübt hätte? Der mediale Aufschrei hätte bundesweit tagelang angehalten, Sondersendungen, Expertenrunden, Aufstand der Anständigen und so weiter und so fort! Und hier? Fehlanzeige! Und was macht die CSU, die früher wie keine andere Partei in Bayern für Recht, Ordnung und innere Sicherheit stand? Vom zuständigen Innenminister Joachim Herrmann war bis auf einige pflichtschuldige Standardfloskeln nichts zu vernehmen. Als Innenminister hätte er jederzeit ein Verbotsverfahren gegen die Unterstützervereine des grün-linken Klimaterrors einleiten können, um Konten zu kündigen und den Straftätern den Geldhahn zuzudrehen. Auch der bayerische Justizminister Georg Eisenreich hielt sich auffallend zurück. Keine Weisung, kein Auftrag an die von ihm eingerichtete „Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus“ und damit natürlich auch keine Ermittlungen gegen Hintermänner und Finanziers.

Das Thema „Klimakleber“ ist nur eines von mehreren Beispielen. Erstaunlich ist auch die Wende der CSU in Sachen Windenergieausbau. Während Horst Seehofer die „Verspargelung“ der bayerischen Landschaft mit der 2014 eingeführten baurechtlichen Abstandsregel („10-H“) noch stark einschränken konnte, haben sich Markus Söder und Hubert Aiwanger neuerdings den Ausbau der Windenergie in Bayern und die generelle Beschleunigung der nutzlosen Energiewende auf die Fahnen geschrieben. Ähnliches auch, wenn es um die eilfertige Erfüllung der Forderungen aus der „queeren“ Community geht: Nach dem Willen der CSU soll nun auch in Bayern ein „Aktionsplan“ mit den sattsam bekannten, dauerempörten Berufsbeauftragten, samt Meldewesen und anderen freiheitsfeindlichen Zumutungen, die „Rechte“ der Betroffenen stärken.

Auch beim Thema Migrationskrise reagierte Markus Söder viel zu spät. Als im Frühsommer auch in Bayern viele Kommunalpolitiker einen Stopp der Massenmigration forderten, meinte Söder dieses Thema, das angeblich nur der AfD nutze, aussitzen zu können. Lieber verlieh er seiner „Corona-Kameradin“ Merkel den bayerischen Verdienstorden und bot Frank-Walter Steinmeier auf Schloss Herrenchiemsee eine Bühne für dessen merkwürdiges Demokratieverständnis. Erst nachdem die Umfragewerte der AfD durch die Decke schossen, kam die nicht sonderlich glaubwürdige Wende von der Wende: Söder kündigte die Einführung einer programmierbaren Bezahlkarte für alle Asylbewerber in Bayern an, die es ermöglicht, dass staatliche Geldtransfers nur für bestimmte Produkte ausgegeben werden können. Eine Idee, die schon 2015 von Mitgliedern des Konservativen Aufbruchs in der CSU aufgebracht und 2019, aufgegriffenen durch die Mittelstands-Union der CSU, in einen Parteitagsbeschluss der CSU mündete: „Sachleistungsprinzip durch eine digitale Bezahlkarte umsetzen!“ 

Dass Markus Söder acht Jahre brauchte, diese einfache Maßnahme anzugehen, zeigt, dass es dem CSU-Chef kaum um Sachpolitik geht, sondern in erster Linie darum, dem linken Mainstream in Medien, Funktionseliten und mächtigen Lobbygruppen zu gefallen.

Das Nachsehen haben die klassischen Stammwähler der CSU: Landwirte, Mittelstand, Familien, Handwerker, Arbeitnehmer und Rentner. Sie müssen sich mit einer CSU abfinden, die sich ähnlich wie ihre Schwesterpartei auch nur noch als Opposition im Klimasozialismus, aber eben nicht als freiheitliche Kraft gegen den Klimasozialismus begreift. Man darf gespannt sein, wie die bayerischen Wähler mit diesem Angebot am 8. Oktober umgehen werden.


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