04. November 2023 11:58

Genderkult, Klimasozialismus und Verbotswahn – Teil 3 Wer sind die geistigen Brandstifter?

Die ideologische Dominanz der Linken in Deutschland und ihre neomarxistischen Wurzeln

von Thomas Jahn

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Bildquelle: Stokkete / Shutterstock Gewissen nach Adorno: „Schandmal der unfreien Gesellschaft“

3. Teil: Was will die Frankfurter Schule?  

Wie konnte die „neue Linke“ 55 Jahre nach ihrem Symboldatum „’68“ zur alles dominierenden politischen Richtung in Kunst, Kultur, Medien und Funktionseliten aufsteigen?

Im ersten Teil haben wir uns mit den Thesen des orthodoxen Marxismus befasst. Im zweiten Teil wurde ein neuer marxistischer Zweig beleuchtet, der nach dem Ersten Weltkrieg als Neo- oder Kulturmarxismus die Weltbühne der Ideengeschichte betrat. Ihr leider wirkmächtigster Arm war die 1924 in Deutschland entstandene Frankfurter Schule, mit der wir uns im dritten Teil der Serie befassen und deren Thesen sich in etwa wie folgt zusammenfassen lassen:

Im Zentrum der Frankfurter Schule steht mit der sogenannten „Kritischen Theorie“ ohne Zweifel die Religionsphilosophie. Für Horkheimer und Habermas steht fest, dass Gott durch die modernen Naturwissenschaften sowie durch den dogmatischen Marxismus (historischen Determinismus) widerlegt ist. Für Horkheimer ist das Christentum eine Lüge. Nicht Gott, sondern der Mensch sei das höchste Wesen. Für Habermas ist Gott eine falsche Hypothese, da das Zeitalter der Hochreligionen und die Epoche des metaphysischen Denkens ein für alle Mal vorbei sei. Die Moderne ist nach Habermas eine Epoche des Massen-Atheismus, das sogenannte nach-metaphysische Zeitalter.

Aus der Religionsphilosophie der Kritischen Theorie leiten sich die gesellschaftspolitischen Forderungen der Frankfurter Schule, vor allem die erziehungsphilosophischen Thesen ab, die man als Befreiung des Menschen aus angeblich autoritären Strukturen, wie Ehe, Familie, Heimat, Nation oder aus natürlichen Hierarchien (Hieros und Arche, griechisch für: Heiliger Ursprung), zusammenfassen kann. An die Stelle einer universalistischen Ethik im Sinne Kants tritt eine positivistische Diskursethik, in der die revolutionäre Selbstbefreiung des Subjekts an die Stelle der altmarxistischen Arbeiterklasse tritt. Um das historisch determinierte Ziel, die Moderne oder die herrschaftsfreie Gesellschaft zu erreichen, bedarf es der Ablösung überkommener, vermeintlich autoritärer Strukturen. Demnach ist die bürgerliche Familie nach Horkheimer die – Zitat: „massenpsychologische Grundlage des Faschismus – gestern, heute und morgen“. In der Familie werde mit Autorität erzogen und aus dieser autoritätsbezogenen Erziehung gehe die sogenannte „autoritäre Persönlichkeit“ hervor, die wiederum Voraussetzung für den Faschismus sei. Auch die Ehe sei geschichtlich überholt, ebenso wie das Gewissen, das Adorno bereits 1936 als – Zitat – „Schandmal einer unfreien Gesellschaft“ charakterisierte.

Tatsächlich ist die Frankfurter Schule eine Weiterentwicklung des Marxismus. Denn an die Stelle der altmarxistischen These des Klassenkampfes und der Ausbeutung der jeweils beherrschten durch die jeweils herrschende Klasse wird die These der angeblichen Gefangenheit des Menschen in autoritären Strukturen, wie der Ehe, der Familie oder in christlich-bürgerlichen Moralvorstellungen, gesetzt. Die Frankfurter Schule beschreibt diesen zu befreienden Menschen als seelisch-dumpf und unglücklich, als geistig unterentwickelt, als wissenschaftlich unaufgeklärt, als religiös verbohrt und als ökonomisch-sozial ausgebeuteten Menschen.

Nachdem das Menschenbild der Frankfurter Schule weder Gott noch Gewissen kennt, ist der neue, neomarxistische Mensch ganz im Sinne Darwins und Freuds nur das am weitesten entwickelte Säugetier und Produkt der Natur, das vor allem triebfixiert und triebdeterminiert ist. Der alles beherrschende Trieb ist der Sexualtrieb. Ganz im Sinne von Marx ist dieser Mensch, der gewissenlos ist, sodass ihm auch der freie Wille zwangsläufig fehlt, lediglich Produkt der Gesellschaft, dessen Bewusstsein durch das Sein bestimmt wird. In diesem Menschenbild lösen sich auch die Antipoden „gut und böse“ und „wahr und falsch“ auf, denn der unfreie Mensch, der nicht verantwortlich ist für sein Tun oder Unterlassen, kann konsequenterweise auch nicht sündigen.

Die Frankfurter Schule hat sich aber nicht allzu weit von der marxistischen Orthodoxie entfernt. Die marxistische Verelendungstheorie, in dessen Zentrum die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die herrschende Bourgeoisie steht, wird zum Beispiel bei Horkheimer durch die angebliche Herrschaft der Technik über den Menschen abgelöst. Demnach sei der Mensch in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft von der Technik versklavt. Der gesamte technische Fortschritt könne nur als ein unendlicher Prozess der Entmachtung begriffen werden. Nach Adorno sei diese zwangsläufige Entwicklung auch historisch belegbar, wonach sich der Mensch am Anfang durch den Einsatz von Technik erfolgreich von den Naturgewalten emanzipiert habe. Je mehr er sich aber positiv-dialektisch von der Natur emanzipieren wollte, umso mehr geriet er (negativ-dialektisch) unter die Herrschaft und Sklaverei der Technik, zu finden in Horkheimers und Adornos 1944 veröffentlichtem Buch „Die Dialektik der Aufklärung“. Mit dieser „Geburtsstunde“ der Umweltbewegung wird die altmarxistische These von der angeblichen Unterdrückung der Arbeiterklasse im Kapitalismus auf die Umwelt übertragen.

Von der ökonomischen Unzulänglichkeit des Marxismus lenkt die Frankfurter Schule mit der Verwendung von Kampfbegriffen ab. Marx Horkheimer äußert Ende der 30er Jahre die Ansicht, dass der Faschismus als eine Reaktion auf die Krise des Kapitalismus versuche, Letzteren mit despotischen Mitteln aufrechtzuerhalten – Zitat Horkheimer: „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“

Zusammengefasst postuliert die Frankfurter Schule daher eine dreifache Durchbrechung des Prinzips „Herrschaft“:

Erstens: Die „Herrschaft der Technik“ über den Menschen.

Zweitens: Die „Herrschaft gesellschaftlicher Institutionen“, wie Ehe, Familie, Religion, Brauchtum oder Nation, über den Menschen.

Drittens: Die „Herrschaft des menschlichen Gewissens“ über den Menschen.

Die Wirkmächtigkeit der Kritischen Theorie lässt sich anhand von acht Schlagworten – in Anlehnung an Rudolf Willeke („Hintergründe der 68er-Kulturrevolution, Frankfurter Schule und Kritische Theorie“) – illustrieren, die zu der heute real existierenden kulturellen, politischen und allgemein den öffentlichen Diskurs bestimmenden „Hegemonie“ (im Sinne von Antonio Gramsci) des neomarxistischen Denkens geführt hat und auch das Phänomen der allgegenwärtigen grünlinken „woken Cancel Culture“ erklärt:

Erstens: Die Entchristlichung der Öffentlichkeit, die zu einem Verschwinden christlicher Symbole oder der moralischen Interpretationsmacht des Christentums geführt hat, das sich heute neben andere Religionen einreihen muss – Stichwort: „Der Islam gehört zu Deutschland.“

Zweitens: Die Entinstitutionalisierung der Gesellschaft, die Institutionen wie die Ehe oder Familie ihrer Aufgaben entledigt und den Umbau der christlichen Kirchen zu politisierenden Sozialagenturen im Sinne einer Entmythologisierung und Profanisierung herbeigeführt hat. Stichworte: „Kirche von unten“ oder „Ehe für alle“.

Drittens: Die Entethisierung des Rechts, die zu einer Abkehr vom Schutz eines ethischen Minimums (zum Beispiel im Sinne der Zehn Gebote, für einen effektiven Schutz des menschlichen Lebens oder des Eigentums) und einer Ausrichtung an gesinnungspolitischen Zielen (Erfindung von Hasskriminalität, Antidiskriminierung, Umerziehung oder Umverteilung, wie zum Beispiel im Steuerrecht) geführt hat, ganz im rechtspositivistischen Sinne von Lenin: „Recht ist, was der proletarischen Klasse nützt.“ Stichworte: Politische Gesinnungsjustiz und Ahndung von „Meinungsverbrechen“.

Viertens: Die Entkriminalisierung des Verbrechens ist demnach eine Folgeerscheinung der Entethisierung des Rechts und der bereits erwähnten Theorie, wonach der Mensch ohnehin nur ein Produkt seiner Umgebung, also ein Getriebener der (ungerechten) sozialen Umstände sei. Passendes Stichwort, hier in der Migrationsdebatte: „Kein Mensch ist illegal.“

Fünftens: Die Entpathologisierung der Krankheit, die individuelle medizinische Ursachen für Erkrankungen nicht mehr kennt, sondern immer neue Krankheitsformen kreiert, die angeblich durch die kapitalistische Arbeitswelt (Stress der zum berühmte Burnout-Syndrom führt), durch Umweltgifte oder die industrielle Lebensmittelproduktion hervorgerufen werden. Anders wäre auch der „Corona-Irrsinn“ von 2020 bis 2022 nicht möglich und erklärbar gewesen.

Sechstens: Die Entrationalisierung des technischen Fortschritts ist demnach eine Folgeerscheinung der Entpathologisierung der Krankheit und der bereits erwähnten Theorie, wonach der Mensch von der Technik versklavt werde. Hier findet sich im Übrigen der ideengeschichtliche Ursprung der „grünen“ Technikfeindlichkeit (Beispiel: Energiewende im postfaktischen Zeitalter).

Siebtens: Die Entästhetisierung der Kunst, die zu einem Kulturbetrieb geführt hat, der nicht mehr den natürlichen Regeln des Schönen, Wahren, Guten, des Ehrwürdigen oder der Harmonie folgt, sondern nur noch der Provokation, Verächtlichmachung und Agitation dient und somit nur noch rein politische Propagandazwecke verfolgt (Beispiele: Politisierung der Sprache, Brechts episches Theater: ironisierende Brechung der Katharsis oder der Empathie der Zuschauer, Brutalismus in der Architektur oder unlustige Pseudokomiker wie Jan Böhmermann).

Achtens: Die Entbiologisierung des menschlichen Geschlechts, die die in Gestalt von Mann und Frau geschaffene Gottesebenbildlichkeit des Menschen negiert und etwa 60 bis 200 willkürliche neue sogenannte „soziale“ Geschlechter kreiert (gemeint ist die Gender-Ideologie mit ihren Auswüchsen).   

Was blieb von Marx, Marcuse, Meinhof, Mahler und Co? Was ist das Gemeinsame zwischen dem Marxismus, dem Neomarxismus der Frankfurter Schule und den Nachkommen der „68er“? Mit diesen Fragen werden wir uns im vierten und letzten Teil der Serie befassen.


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