30. November 2023 07:00

Kriminalität Erhöht ein Waffenverbot die Sicherheit?

Jeder Diktatur geht eine Entwaffnung der Bürger voraus

von Olivier Kessler

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Bildquelle: sdecoret / Shutterstock Wohnungseinbrüche nehmen immer mehr zu: Wehrlose Bewohner haben keine Abschreckwirkung

Befürworter eines Waffenverbots für Private zeigen bei kriminellen Akten, in denen eine Schusswaffe benutzt wurde, jeweils empört auf das angeblich zu liberale Waffenrecht. Selbstverständlich sind jedes Verbrechen, das begangen wurde, und jeder Einsatz einer Waffe für unrechtmäßige Zwecke zu bedauern und strafrechtlich zu ahnden. Die Waffenverbots-Protagonisten machen es sich jedoch viel zu einfach, indem sie die Öffentlichkeit auffordern, einfach nur die eine Seite der Medaille zu betrachten und ausschließlich anhand dieser Seite eine Entscheidung zu fällen.

Kritiker eines liberalen Waffenrechts – das ein wichtiger Bestandteil einer liberalen und aufgeklärten Gesellschaft darstellt – monieren vehement kriminelle Gewalttaten, sobald eine Schusswaffe involviert war. Sie nutzen dann jeweils solche Vorfälle in populistischer Manier, um der emotional aufgewühlten Öffentlichkeit die Argumente für ein restriktiveres Waffenrecht unterzujubeln. Dies erscheint unredlich, weil sich dieselben Akteure bei Gewalttaten ohne den Gebrauch einer Schusswaffe – beispielsweise bei Messerattacken, Terroranschlägen mit Lastwagen und Flugzeugen oder das Schupfen von Leuten vor einfahrende Züge – oftmals in Schweigen hüllen und damit zum Ausdruck bringen, dass es ihnen im Grunde genommen gar nicht primär um die Sicherheit der Menschen geht. Unehrlich ist die Argumentation auch deshalb, weil sie die Tatsache ausblendet, dass ein liberales Waffenrecht wesentlich mehr zur Sicherheit der Menschen beiträgt, als dass es irgendein Waffenverbot tun könnte. Das mag zunächst kontraintuitiv erscheinen, doch die Erfahrung zeigt genau dies.

Erstens einmal wäre es eine große Illusion, anzunehmen, dass alle Kriminellen und Menschen mit bösen Absichten ihre Waffen nach Einführung eines entsprechenden Verbots einfach schön brav an die Staatsgewalt abgeben würden. Es würde genau dasselbe passieren wie bei einem Verbot von Drogen: Der Handel würde auf den Schwarzmarkt abwandern. Rechtschaffene, aufrichtige Bürger, die nicht gegen das Gesetz verstoßen wollen, würden hingegen entwaffnet.

Ein Waffenverbot führt also dazu, dass rechtstreue Menschen dazu gezwungen werden, sich Kriminellen hilflos auszusetzen. Es wird ihnen die Möglichkeit genommen, sich mit gleich langen Spießen gegen Kriminelle zu verteidigen: Man nötigt sie dazu, den Notruf zu wählen und dann auf bewaffnete Hilfe zu warten, anstatt sich in einer akuten Bedrohungslage selbst verteidigen zu können. Das kann unnötig Menschenleben kosten, weil jegliche Hilfe manchmal einfach zu spät kommt.

Auch schafft man mit der Einführung eines restriktiven Waffenrechts ein regelrechtes Eldorado für Einbrecher, zumal die bewaffneten Eindringlinge garantiert auf wehrlose Bewohner stoßen würden. In einer bewaffneten Zivilgesellschaft werden sie es sich jedoch zweimal überlegen, in Häuser und Wohnungen einzudringen, in denen auch die Bewohner entsprechend gerüstet sein könnten.

Zweitens ignorieren die Verfechter eines Waffenverbots schlichtweg die Tatsache, dass durch den freien Waffenbesitz auch rechtschaffene Menschen Waffen besitzen dürften, wodurch entsprechende Verbrechen verhindert werden können. So konnte beispielsweise ein Irrer bei einem Amoklauf in einer Kirche in Texas 2019 dank des legalen Waffenbesitzes von privaten Wachpersonen vorzeitig gestoppt werden. Wahrscheinlich wurden dadurch Dutzende von Menschenleben gerettet. Man stelle sich vor, wie viele der 90 Todesopfer beim Bataclan-Massaker 2015 in Paris hätten gerettet werden können, hätte dort das Sicherheitspersonal eine Waffe tragen dürfen.

Welche Verbrechen, wie viele Diebstähle und Überfälle, welche Anzahl an Vergewaltigten und Toten man durch ein liberales Waffenrecht verhindern kann, ist nicht immer offensichtlich – und das ist eines der größten Probleme bei der Verteidigung des freien Waffenbesitzes. Diskutiert wird nur dann, wenn etwas vorgefallen ist, das man mit den eigenen Augen sehen kann und durch die Medien verbreitet wird. Doch eine vorausschauende politische Handlung besteht darin, auch das zu berücksichtigen, was man nicht sehen kann. Davon befinden wir uns in der Waffenrechts-Diskussion meilenweit entfernt.

Drittens zeigt auch die Tatsache, dass die Schweiz mit ihrem relativ liberalen Waffenrecht zu den sichersten Ländern der Welt gehört, dass die Logik der Waffenrechtsverschärfer nicht aufgeht. Entscheidend für die öffentliche Sicherheit sind vielmehr andere Faktoren. Eine wichtige Rolle spielt etwa die Kultur der Eigenverantwortung, die sich in Ländern mit zurückhaltender Gesetzgebung etabliert und die die Menschen zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Schusswaffen anhält. Auch der Milizgedanke, wonach die Bürger und nicht eine staatliche Berufsarmee für die Sicherheit im Land verantwortlich sind, trägt zum erhöhten Verantwortungsgefühl bei.

Dem Missbrauch des Waffenbesitzes wird in der Schweiz mit einem Minimum an gesetzlichen Ausschlusskriterien – Entmündigung, Straffälligkeit, Minderjährigkeit und psychische Labilität – ein Riegel vorgeschoben. Die Anzahl der privaten Waffenkäufe ist in der Schweiz in den letzten Jahren stetig gestiegen, während die Missbrauchsquote auf äußerst tiefem Niveau noch weiter gesunken ist.

Viertens wird leider immer wieder vergessen, dass dem privaten Waffenbesitz eine zentrale ordnungspolitische Komponente anhaftet. Es geht beim Recht auf Waffenbesitz nicht einfach um Freizeitaktivitäten wie etwa der Tradition des Schießsports. Es geht um das für die Freiheit elementare Machtgleichgewicht zwischen den staatlichen Strukturen mit ihrem Gewaltmonopol einerseits und den Einzelbürgern andererseits. Regierende erliegen historisch gesehen immer wieder der Versuchung, das staatliche Gewaltmonopol zu missbrauchen und gegen die eigenen Bürger einzusetzen, um ihre eigene Macht auszuweiten.

Totalitäre Diktaturen zeichneten sich fast alle dadurch aus, dass man zunächst die Bürger entwaffnet hatte, bevor man sie tyrannisierte und teilweise auch massenhaft exekutierte. In der Tat ging im vergangenen Jahrhundert die größte Gefahr für den Bürger vom Staat selbst aus, auch in Europa: Gemäß dem Politikwissenschaftler Rudolph Rummel fielen allein im 20. Jahrhundert schätzungsweise 170 Millionen unschuldige Menschen der Staatsgewalt zum Opfer. Diese Zahl nannte er in seinem Buch „Death by Government“.

Privater Waffenbesitz reduziert präventiv die Gefahr des politischen Machtmissbrauchs und der Tyrannei, weil es kein Monopol zulässt. Der Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, Thomas Jefferson, fasste diesen wichtigen ordnungspolitischen Gedanken so zusammen: „When the people fear the government, there is tyranny. When the government fears the people, there is liberty.“


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