15. März 2024 19:00

Islam(kritik) Ja, ist denn schon wieder Ramadan?

Über liberale und Herrschaftsreligionen

von Thomas Jahn

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Bildquelle: PhotoBatta / Shutterstock Frankfurt: Erste deutsche Stadt mit Radaman-Beleuchtung

Während sich der bundesdeutsche Jahreskreis früher zwischen Bundesligastart, Sommerschlussverkauf und dem ersten Advent bewegte, taumeln wir heute vom Faschingsdienstag geradewegs in den Weltfrauentag, anschließend in diverse „Proud Months“ und begehen dann im Sommer die jeweils heißesten Tage der letzten 150.000 Jahre. Wie man neuerdings unschwer auch an der mit Steuergeldern finanzierten Straßenbeleuchtung in Frankfurt am Main erkennen kann, wird auch der Ramadan für Deutschland immer wichtiger. Der fröhliche Frankfurter Straßenschmuck mit der Aufschrift „Happy Ramadan“, veranlasste Ex-Präsident Christan Wulff („Der Islam gehört zu Deutschland“), sich unlängst in der „Welt“ wieder einmal mit einem etwas unterkomplexen Statement in Erinnerung zu rufen, denn Wulff möchte – nachdem in Kindergärten und Schulen angeblich dauernd christliche Weihnachtslieder gesungen würden –, „dass dann auch mal ein muslimisches Lied gesungen wird“. Wulff weiter wörtlich: „Wenn man Weihnachten ausgiebig feiert, kann man auch mal Verständnis für den Ramadan haben. Nein, Weihnachten, das wollen wir überall feiern. Aber dann kann man auch zulassen, dass auch derer gedacht wird, die jetzt den Ramadan feiern.“ Die Antwort auf die sich hier aufdrängende Frage, warum die islamische Fastenzeit namens Ramadan ausgerechnet in der Frankfurter „Freßgass“ gefeiert werden soll, blieb Wulff freilich schuldig. Beeindruckend schlicht bleibt nur seine, sicherlich von vielen deutschen Zeitgenossen geteilte naive Gleichsetzung von christlicher und islamischer Religionsfolklore, was der aus Ägypten stammende Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad sicher mit den Worten gekontert hätte, dass der Islam nicht nach Europa gekommen sei, um in der „Freßgass“ Multikulti zu feiern, sondern um zu herrschen.

Könnte es tatsächlich sein, dass es einerseits liberale oder gar libertäre Religionen und andererseits Herrschaftsreligionen gibt? Um das herauszufinden, sollte man sich zunächst mit der Apostasie beschäftigen, genauer gesagt mit der Frage, wie die jeweilige Religion mit Abtrünnigen und Ungläubigen umgeht. Während das Christentum selbst in voraufklärerischen Zeiten keine nennenswerten weltlichen Strafen für den Abfall vom rechten Glauben festlegte und im Buddhismus die Apostasie im engeren Sinne gänzlich unbekannt ist, sieht die islamische Scharia die Todesstrafe vor, wenn die Aufforderung zur Rückkehr zum islamischen Glauben nicht befolgt wird. In mehreren islamischen Ländern, wie dem Iran, Pakistan und Saudi-Arabien, wird dieses Gesetz bis zum heutigen Tage zumindest für öffentlich bekennende Apostaten gnadenlos vollstreckt.

Und dank „weltoffener“, „liberaler“ Politiker wie Christian Wulff reicht der Arm der Scharia inzwischen längst bis nach Deutschland. Neben vielen aufsehenerregenden Todesdrohungen gegen Islamkritiker und neben den inzwischen einer breiten Öffentlichkeit bekannten Erscheinungsformen des sogenannten Islamismus, die in den letzten Jahren immer wieder in grauenvollen Terroranschlägen gegen völlig unbeteiligte Bürger gipfelten, findet auf deutschem Boden auch ein von der Öffentlichkeit kaum bemerkter geistiger Kampf gegen kritische Islamgelehrte statt. Nachdem sich der islamische Religionsunterricht in Deutschland und die Ausbildung und Entsendung von islamischen Geistlichen viele Jahrzehnte größtenteils in der Hand der direkt der türkischen Regierung unterstellten Religionsbehörde „Diyanet“ und ihrem deutschen Arm „DITIB“ (übersetzt: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) befanden, entbrannte seit Beginn der von dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble 2006 eingesetzten Deutschen Islamkonferenz ein Streit um die Ausbildung des geistlichen Personals und um Standards für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen. Die inzwischen längst über DITIB hinausgewachsene Vielzahl deutscher Islamverbände, lose gebündelt mit dem 2007 gegründeten Koordinationsrat für die Muslime in Deutschland (KDR), will den Islam, entgegen der weltfremden und infantilen Vorstellung von Christian Wulff und anderen linken Politikern, natürlich nicht auf Brauchtumspflege, Seelsorge und orientalische Folklore reduzieren. Ihr mächtiger Arm erreichte schon vor über 15 Jahren die deutschen Universitäten, konkret den damaligen Lehrstuhl für „Religion des Islam“ am Centrum für Religiöse Studien (CRS) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Dort lehrte in den Jahren 2004 bis 2010 Professor Sven (ehemals Muhammad) Kalisch, bis ihn die Universität endgültig aus dem CRS entfernte und seine Professur in ein philologisch-historisches Fach umbenannte. Obwohl der für Kalisch geschaffene Lehrstuhl ursprünglich als Vorzeigeprojekt zur deutschlandweit erstmaligen universitären Ausbildung islamischer Religionslehrer geplant war, entzog ihm 2008 der damalige nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) auf Druck des KRM die entsprechende Lehrerlaubnis. Was war geschehen? Ein Sprecher Pinkwarts begründete Kalischs Abberufung damals mit den Worten: „Wir müssen sicherstellen, dass die Lehrer, die künftig islamischen Religionsunterricht erteilen sollen, von den islamischen Verbänden auch akzeptiert werden.“

Was waren die Gründe für den Angriff auf Kalisch? Mit dieser Frage wären wir beim zweiten Unterscheidungsmerkmal zwischen staatsgefälligen Herrschaftsreligionen und weltfernen („liberalen“) Religionen: dem Umgang mit Kritik. Sven Kalisch, der schon als 15-Jähriger zum Islam konvertiert war, sah sich als Wissenschaftler in der westlichen Tradition der sogenannten historisch-kritischen Forschung. Die schon im 18. Jahrhundert, im Zuge der Aufklärung ausgehend von Frankreich entstandene Methodologie zur Behandlung und Erforschung religiöser Texte wie der Bibel ordnet die entsprechenden Texte in ihr historisches Umfeld ein und differenziert kritisch zwischen historisch tatsächlich belegten Ereignissen und den teils verklärenden oder gar propagandistisch ausgerichteten Botschaften der Gefolgsleute oder Chronisten des jeweiligen Religionsstifters. Übertragen auf den Islam lautet die zentralste und kritischste Frage dieses heute in allen Wissenschaftszweigen anerkannten Methodenapparats zur Untersuchung historischer Texte: Hat ein Mann und Prophet namens Mohammed tatsächlich gelebt?

Sogar die heutigen Opfer der deutschen Schul- und Bildungskatastrophen der letzten 25 Jahre, außerhalb des islamischen Dunstkreises, dürften mit dem Religionsstifter des Islam, also mit Mohammed und seinem Namen etwas anfangen können. Einige „Feinschmecker“ wissen sogar, dass sein Leben auf die Jahre 570 oder 573 nach Christus bis 632 datiert wird. Aber kaum jemand weiß, dass es für sein Leben außerhalb der späteren islamischen Quellen keinerlei Belege gibt. Während über das Leben und Sterben eines gewissen Jesus von Nazareth auch aus nicht christlichen Quellen berichtet wird, wie zum Beispiel durch den jüdischen Historiker Flavius Josephus (geboren 37 nach Christus), findet sich über die historische Person des Propheten Mohammed keine einzige Erwähnung in außerislamischen Quellen der damaligen Zeit. Obwohl Mohammed im Jahre 630 einen Krieg gegen das Byzantinische Reich führte, findet sein Name an keiner Stelle Eingang in byzantinische Quellen, obwohl die Byzantiner als sehr „schreibfreudig“ galten. Und so entstanden die frühesten Texte über das Leben und Wirken des Propheten tatsächlich erst etwa 150 Jahre nach seinem Tod. Auch an dieser Stelle seien zum Vergleich die ersten Berichte über Jesus Christus erwähnt. Das bekannte Markusevangelium wird auf eine Entstehungszeit zwischen 66 und 73 nach Christus datiert, also nur vier oder fünf Jahrzehnte nach den dort geschilderten Ereignissen. 

War der Koran in Wirklichkeit ein christlicher Text und gehörten die frühen Anhänger Mohammeds einer christlich-jüdischen Sekte an? Zu diesem Schluss kommt die sogenannte Saarbrücker Schule der Islamwissenschaft, benannt nach Wissenschaftlern, die wie die deutschen Islamgelehrten Karl-Heinz Ohlig, Gerd-Rüdiger Puin und Christoph Luxenberg an der Universität des Saarlandes forschten und lehrten. Sven Kalisch kam jedenfalls mit den methodischen Ansätzen der historisch-kritischen Forschung und nach sorgfältiger Auswertung archäologischer Zeugnisse, Münzen und Überlieferungen außerhalb des Islams zu dem Schluss, dass die historische Existenz der Person Mohammed zumindest zweifelhaft sei. Das genügte, um das Grundrecht der Freiheit von universitärer Lehre und Forschung auszuhebeln und ihn aus dem islamisch-theologischen Lehrbetrieb zu entfernen. Denn offenbar steht bei den Themen historische Authentizität des Korans und seines religiösen Stifters viel auf dem Spiel, was auch den Eifer der gläubigen Moslems und ihrer Verbände bis hin zu diversen religiösen Fatwas erklärt, frei nach dem Motto: „Wenn du wissen willst, wer dich beherrscht, finde heraus, wen du nicht kritisieren darfst.“       

Können Sie sich ausmalen, was los wäre, wenn gerade in Deutschland eine kritische Islamforschung breiteren Raum einnehmen würde und wenn es neben und nach Sven Kalisch viel mehr kritische Islamwissenschaftler gäbe? Ja: Am Ende würden die mit der Herrschaftsreligion des Islam eng verbundenen mächtigen Dynastien und Regime des Nahen und Mittleren Ostens wanken und möglicherweise ganz verschwinden. Aus Angst vor diesem Machtverlust wird Religionskritik zum Tabu oder mit dem Begriff „Islamophobie“ zu einer quasi-rassistischen Untat erklärt. Und das mag auch einer der wichtigsten Gründe dafür sein, warum deutsche Politiker beim Thema Islam gerne an der Oberfläche bleiben und tiefergehende Debatten scheuen wie der berühmte Teufel das Weihwasser. Daher: Happy Ramadan allerseits!                        


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